1908 - 1940 1940 - 1965 1965 - 1980 1980 - 1984 DEUTSCH             

Kindheit (01)

Gerda Alexander mit ihrer Mutter 
und ihrem Bruder Reinhard in Wuppertal

 

Gerdas Vater hatte eine kleine Garnfabrik in Wuppertal. Ihre Eltern waren beide sehr an Musik interessiert. 

Als kleines Kind tanzte Gerda oft zum Klavierspiel ihres Vaters. 

Gerda Alexander sagt später, dass sie nur wenig mit ihm reden konnte, sie sich jedoch wunderbar durch die Musik verstanden. 

Foto aus: Mitteilungen Nr.38, Deutsche Eutoniegesellschaft
 

 

Portrait  (02a)

Portraits der jungen Gerda Alexander 
 

Portrait  (02b)

 

An der Ostsee   (02c)

 

Die junge Gerda Alexander. 

 

Otto Blensdorf (03a)

Gerdas Eltern lernten sich bei einem Seminar von Otto Blensdorf (1871-1947) kennen und pflegten eine enge Freundschaft mit ihm. Blensdorf war der erste deutsche Rhythmiklehrer, der von Emile Jacques-Delcroze (1865-1950) ausgebildet wurde (ab 1906). Er gründete 1910 in Wuppertal-Elberfeld die Blensdorf-Schule für körperlich musikalische Erziehung, die er ca. 1925-27 nach Jena, ins Umfeld des Reformpädagogen Peter Petersen, und später nach Bad Godesberg verlegte.

Bewegungen sollten der Musik genau entsprechen und ihren Ausdruck durch den Körper wiedergeben. Ab 1923 begann Blensdorf Rhythmiklehrer auszubilden.

Als Kind bat Gerda ihre Eltern so lange, Unterricht an der Blensdorf-Schule nehmen zu dürfen, bis sie 1917 einwilligen. Sie war 9 Jahre alt. Nach Abschluss des Lyzeums (1924), Gerda war 16, ließ sie sich an der gerade eröffneten Blensdorf-Schule für Rhythmiker ausbilden. Sie unterrichtete gleichzeitig selbst. Zuerst in Wuppertal, dann in Jena als Assistentin von Charlotte Blensdorf, der Tochter von Otto Blensdorf, und später in Bad Godesberg, wo sie bei der Familie Blensdorf wohnte. 

Gerda erhielt dieses Foto von Charlotte Blensdorf zu ihrem Geburtstag am 15. Februar 1972: "Für Gerda - 100 'Päppchen' von Lotte ", steht auf der Rückseite.


 

Vedbæk in Dänemark  (03b)

Gerda Alexander mit 
Otto und Charlotte Blensdorf. 


Mit Otto Blensdorf und seiner Tochter Charlotte kam Gerda Alexander schon 1929 nach Dänemark. Dank deren Kontakte und der Ausbreitung der Rhythmik in Skandinavien ergab sich für Gerda, die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen hatte, die Möglichkeit in Dänemark zu arbeiten. So z. B. in Vedbæk an der privaten Philipsen-Schule für behinderte Kinder.

Mit Charlotte (1901-1999) blieb Gerda ihr Leben lang befreundet, auch wenn die beiden in den späteren Jahren nicht immer am gleichen Ort wohnten. Zunächst wurden sie durch den 2. Weltkrieg getrennt, während dessen Charlotte in Amerika und Gerda in Dänemark wohnte. Auch Charlotte hatte die Ausbildung zur Rhythmikerin an der Blensdorfschule und an der Genfer Schule von Dalcroze durchgeführt.

In Jena arbeitete sie zusammen mit Peter Petersen und unterrichteten an seiner freien Schule Rhythmik. Dort wurde Gerda Charlottes Assistentin. Die Reformpädagogik wurde zu einer wichtigen Inspirationsquelle für Charlotte und auch für Gerdas zukünftige Orientierung.

Später etablierten Charlotte und Gerda ihre eigenen Schulen. Charlotte und ihr Mann Donald MacJannet gründeten die amerikanische Mac Jannet Privatschule außerhalb von Paris. Ihr Leben lang organisierten beide immer wieder internationale Sommerkurse auf dem Land, von denen viele Bilder Zeugnis abgeben. 

Foto aus: Moscovici, 1989

 

Die Blensdorfschule (03c)

Rhythmik-Gruppenstudie. Eine Spannung entsteht durch die Gruppierung der Frauen, drei bewegen sich im Kontakt, weisen nach unten zu einer liegenden Frau; jede der dreien bewegt sich auf einem etwas anderen räumlichen Niveau. Ihre Bewegungen sind nicht gleich, doch der Tonus der drei Rhythmikerinnen ist ausgeglichen und brigt Harmonie zum Ausdruck. Der Bewegungsausdruck ist weich, nicht kontrolliert.

Die Blensdorfschule hatte zweimal im Jahr öffentliche Vorführungen im Elberfelder Theater und am Barmer Stadttheater. Sie inszenierte z. B. verschiedene Tänze aus Griegs "Peer Gynt". Die Kinder wurden von den Bühnenangestellten als zugehörig akzeptiert und Gerda verbrachte als Kind viel Zeit im Theater. 

Das Element der "Studien" , auch in Gruppen, hat Gerda später in der Ausbildung von Eutonielehrern beibehalten. 
 

 

 

Rhythmik-Kongress 1926, Genf (04)

Es gelang Charlotte nach dem 1. Weltkrieg Rhythmiker aus den verschiedenen Schulen in Genf zu versammeln. 
Auf dem Bild in der vordersten Reihe v.r.n.l.:
Gabriel Jacques Dalcroze (Sohn v. E.-J. Dalcroze), Marguerite Croptier (Musikpädagogin, Kanada), Frank Martin (Komponist).

Im selben Jahr wurde der "Deutsche Rhythmikbund" in Düsseldorf gegründet. Von der Genfer Schule war Paul Boepple anwesend. Er wurde auch der erste Vorsitzende des deutschen Rhythmikbundes. 


 

 

Paul Boepple, 1926 (05)

Dieses Bild hat eine Widmung von Paul Boepple an Gerda Alexander "Zur frdl. Erinnerung an Genf und Düsseldorf, Paul Boepple". Daraus können wir schließen, dass sich Boepple und Gerda am Kongress in Genf und später in Düsseldorf getroffen haben. Zwei wichtige Begebenheiten in der Geschichte der Rhythmik, die zu ihrer internationalen Bedeutung beitrugen. 

 


  

Jugendbild 
(06a)

Vermutlich bei einem Sommerkursus in den 30er Jahren. Neben Gerda vielleicht Walter Meyer-Radon. 
(Siehe auch die Bilder 34a, b, c: Walter Meyer Radon)

 

 

 Im Fotostudio (08)

Es gibt einige Fotos aus den renommierten Fotostudios Robertson (Berlin und Kopenhagen) und Herbert Davidsen.
Gerda liebte das Theater. Sie hat mit verschiedenen Rollen experimentiert. So hier als Gassenbub. Die Haltung mit kecken, angezogenen Schultern: bereit zu reagieren. Die Kleidung eines Jungen. Nicht ärmlich, wie in Brechts Stücken der 30er Jahre (z. B. in: Die Dreigroschenoper - aber die Mütze typisch für den Gassenbub. Der Gesichtsausdruck- forsch, sehr aufmerksam. Auch interessant sind die Schuhe: Rhythmikschuhe. Bewegung der Füße zulassend- auch das Spüren zum Boden durch eine dünne Ledersohle. Anders als Ballettschuhe - und auch nicht barfuss wie im modernen Ballet. (hier Foto: Robertson, Kopenhagen)

 

 

 Rhythmikausdruck 1930 (09)

Ein geneigtes Haupt. Eine zurückhaltende Geste. Die Hände drücken etwas Geheimnisvolles aus, sie erzählen. Das Kleidungsstück ist zurückhaltend, aus eher dickem Samtstoff, drückt eine innere Stimmung aus. 
(Foto: Robertson)

 

 

Rhythmikstudie 1931 (10)

Der Vorhang im Hintergrund lässt darauf schließen, dass Gerda bei einer Rhythmikvorstellung fotografiert wurde. Eine skulpturelle Tanzgeste. Inspiriert vom deutschen "modernen Ausdruckstanz". Die Kleider sind ein wichtiges Element des Ausdruckes. Sie formen ihn skulpturell: aufstrebend mit guter Verbindung zum Boden: das rechte Bein in loser, groß gemusterter Hose, angewinkelt, Fuß auf dem Boden. Das Knie ein Kontrapunkt zum rechten Arm, der in die Höhe strebt, in horizontaler Richtung vorwärts weisend; das linke Knie auf den Boden stützend, Arm mit Tuch Körper umhüllend, Kopf und Rumpf nach vorne links gebeugt mit mildem Gesichtsausdruck. Das Körperbewusstsein von Gerda zeugt von einem starken Gespür für Stil - die Richtungen der Arme und Beine im Raum sind bewusst choreographiert. Wir sehen hier eine Geste, die auf den umliegenden Raum Bezug nimmt. (Foto: H. Davidsen)

 

 

 Inspiration1931 (11)

Der Zirkusartist Rastelli und seine Brüder imponierten Gerda sehr. Sie hatten ein sehr feines Gespür, Eleganz und Anmut. Ihre Jonglierkünste waren unübertroffen und erweckten Erstaunen. Ganz lässig steht der Artist hier - strahlt Leichtigkeit aus - die doch nicht von selbst gekommen ist! Gerda erzählte, wie Rastelli einen Ball auf dem Arm rollen lassen konnte, und ihn durch seinen Willen anhalten konnte. So weit entwickelt war sein Körperbewusstsein und sein differenzierter, beinahe feinmotorischer Gebrauch der Armmuskeln. (Foto: Robertson, Berlin)

Finkenkrug 1932

Charlotte Blensdorf organisierte ein Rhythmikseminar in Finkenkrug




Gerda Alexander links im Bild 
(07a)

Auf der Rückseite eines der Fotos hat Gerda geschrieben : "Finkenkrug, 1932".




Gerda Alexander im Hintergrund, rechts von der Frau mit Tamburin
(07b)


Es ist Winter. An der Haltung der Frauen kann man erkennen, dass sie Künstlerinnen sind; ihre Körpersprache drückt eine Freiheit im Körper aus, die die Sinne nicht unterdrückt. Man ahnt Vertrautheit und Nähe – fast Intimität unter ihnen. In der Rhythmik wollen sie eine gemeinsame, in die Zukunft weisende Aufgabe verwirklichen. Vielleicht sind sie in guter Stimmung nach einem geglückten Aufenthalt und jetzt zur Abreise bereit. 



Gerda Alexander stehend 2.v.r.
(07c)

Gerda wohnt zwar schon seit 1929 in Dänemark, aber verliert den Kontakt zu Rhythmikkreisen in Deutschland keineswegs. Erst während des Krieges kann sie nicht mehr nach Deutschland reisen, weil ihr, wie sie schreibt, von den deutschen Behörden der Pass entzogen worden war. 
Ihr ganzes späteres Leben lang wird sie dann aber unermüdlich reisen, die Zusammenarbeit mit alten Bekannten weiterführen und neue Begegnungen initiieren. 1946 wird Gerda Alexander dänische Staatsbürgerin.


Burg Sternberg in Mecklenburg 1938 (12a)

Rhythmik-Sommerkurs auf der Burg Sternberg.

v.l.n.r. Charlotte Blensdorf, Gerda Alexander 

 

unbekannt, Gerda Alexander, Karl Heinz Taubert, Charlotte Blensdorf (12c)
K.H. Taubert spezialisierte sich später auf Höfische Tänze und wurde Dozent an der Musikhochschule in Berlin

 

v.l.n.r. unbekannt, Charlotte Blensdorf, Gerda Alexander (12c)





 

 

Ringkampf (13)

Gerda sehr aufmerksam am linken Bildrand, lehnt sich hervor. Zwei Männer im schwarzen Anzug, der eine ist zum „Ringkampf” aufgefordert. Die erfahrenen Bewegungsprinzipien werden hier vorgeführt: Wie kann ich meinen Gegner mit einem Minimum an Kraft bekämpfen. „Druck erzeugt Gegendruck“. Die junge Frau scheint der Aufgabe aufgrund ihrer Flexibilität gewachsen. Der Mann gibt nicht auf. 
Wo sind wir? Vielleicht bei einem Workshop auf einem Kongress. Gerda hat später bei Kursen dieses Prinzip demonstriert. Sie hat dazu einen Kursusteilnehmer zum Vergnügen und Staunen der Versammelten „in den Ring gebeten”.
Ort und Jahr unbekannt. 




Bambusflötenbau ca. 1933 (14a + 14b)

Gerda leitet – wahrscheinlich während eines Sommerkurses - etwa Gleichaltrige beim Schnitzen von Bambusflöten an. 1933 und 1934 gibt sie Kurse im Bambusflötenbau und –spiel in den Sommerlagern der „Folkemusikhøjskole“, Frederiksberg, die von C. M. Savery geleitet wurden.

 

 

 

Bambusflötenunterricht  

Gerda Alexander nimmt ein Angebot, auf Seeland zu unterrichten, an und reist 1929 nach Dänemark. Dort beginnt sie selbständig als Rhythmiklehrerin zu arbeiten. 
Gerda arbeitet mit gestörten Kindern an der Philipsen Schule in Vedbæk und unterrichtet Rhythmik am Fröbelseminar in Kopenhagen (Pädagogenausbildung). In Kopenhagen macht sie auch Rhythmik mit Kindern in Kindergärten.
Ein wichtiger Aspekt der rhythmischen Erziehung ist das Bambusflötenspiel. Die Kinder werden in die Welt des Musizierens eingeführt, indem sie zunächst lernen, selber ihre Flöten zu schnitzen, zu feilen und zu bohren, um dann darauf zu spielen. Das Spielen auf Rhythmusinstrumenten und die Bewegung zu Musik, z. B. auf dem Klavier begleitet, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.

(14c)

Die Kinder sind mit allen Sinnen dabei. Ihre Motivation kommt vom Schaffen ihrer eigenen Instrumente. Gerda hilft den Kindern. Sie ist hier Handwerkerin. Sie befindet sich mit den Kindern in einem Werkraum mit Hobelbank und Werkzeugen im Hintergrund. Mit einer großen Säge sägen die Kinder das Bambusrohr auf die richtige Länge zu. 


(14d)

Mit Maßband um den Hals zeichnet Gerda ganz exakt auf der Flöte ein, wo gebohrt und gefeilt werden muss. Ihre Haltung ist etwas gebückt, um alles genau zu machen. 


(14e)

Der große Tag beim Fertigstellen des ersten Loches, weil dann eine Ein-Ton-Melodie gespielt werden kann.
Gerda hilft dem Kind beim Spielen, zeigt ihm, wie es die Finger aufs Loch setzen soll.


(14f)

Schon bald spielen alle in der kleinen Gruppe. Gerda hört sehr aufmerksam zu, ist eng mit den Kindern verbunden.
Auf diesen Bildern wirkt Gerda sehr fein und zart. Wir wissen, dass sie in jungem Alter oft von Rheuma-Anfällen geschwächt war und in der Körperbildung der Rhythmik Heilung gesucht hat. Von da an hat sie in einem stetigen Prozess ihre eigene Methode erschaffen, über Entspannung zur Eutonie. 


 

 

Rhythmik im Kindergarten (15)

Dänischer Kindergarten um die Weihnachtszeit, 1940. Wie es in Dänemark Brauch ist, sind Girlanden mit kleinen dänischen Fähnchen als Weihnachtsschmuck vor einer schön bemalten Wandtafel mit Tannenwald, Zwerglein und Weihnachtsstern aufgehängt. Diese Symbole waren sicher in den Jahren der Besatzung während des 2. Weltkriegs besonders bedeutungsvoll.  

In Dänemark nahm Gerda Alexander weiterhin am internationalen Austausch über Erziehung und Rhythmik teil, z. B. 1929 am "Congress for Education Fellowship" in Helsingør 1929. Sie stellte zusammen mit Charlotte Blensdorf die Prinzipien der deutschen Rhythmik vor und nahm an einem einwöchigen Kursus von Maria Montessori teil.

Als Künstlerin und Therapeutin machte Gerda keine umfassenden politischen Statements. Doch die Tatsache, dass sie 1933 entgegen ihrer ursprünglichen Pläne in Dänemark blieb, begründet sie in ihren Erinnerungen mit der neuen politischen Situation in Deutschland. Sie hatte z. B. 1932 mit Leopold Jessner, der zu dieser Zeit Regisseur des Berliner Staatstheaters war, zusammen gearbeitet und hätte im Frühjahr eine Arbeit übernehmen sollen, bei der sie Schauspieler ausbilden sollte. Von einer solchen Arbeit hatte sie immer geträumt. Doch Hitler übernahm 1933 die Macht, Jessner immigrierte in die USA, und Gerda konnte und wollte ihr Engagement für eine neue internationale Erziehung und Reformpädagogik in Deutschland nicht weiterführen. 
In Dänemark war dies möglich. 1933 begann sie, an Kindergärten zu unterrichten. In den folgenden Jahren unterrichtete sie auch Musiker, Schauspieler, Opern- und Balletttänzer und Angestellte/Künstler des Dänischen Rundfunks.

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